Ratgeber:
nach der Katastrophe kommen die Langzeitprobleme
Wieder gab es in Teilen Deutschlands eine Jahrhundertflut, wieder wurden Kellerräume, Garagen, Lagerhallen und Erdgeschosse überschwemmt und mit Schlamm, Müll, allerlei Chemikalien und Fäkalien aus dem Abwasser verschmutzt und kontaminiert.
Wenn das Wasser abgeflossen ist, die unter Erdniveau befindlichen Räume wieder leergepumpt sind, beginnt das Entrümpeln und Wegwerfen von aufgeweichten Möbeln und sonstigen durchnässten Materialien.
Aber danach gehen die wirklichen Probleme erst richtig los: Bodenkonstruktionen sind völlig durchnässt, schwimmend verlegte Estriche schwimmen jetzt tatsächlich, die Dämmplatten darunter sind triefend nass, aber man sieht es nicht direkt. Vorwandkonstruktionen und Wandverkleidungen aus Gipskarton- oder Gipsfaserplatten, Holzpaneelen oder -brettern sind nicht nur außen nass geworden, sondern ihre Füllungen aus allerlei Dämmstoffen sind ebenfalls völlig durchfeuchtet, aber man sieht es nicht direkt.
Mauerwerk ist vollständig in der gesamten Mauerstärke durchweicht, die Hohlräume in den Steinen sind jetzt wassergefüllt, Dämmplatten auf den Außen- oder Innenseiten des Gemäuers sind nass hinterspült, aber man sieht es nicht sofort.
Drainagerohre im Erdreich um die Häuserfundamente sind vollständig verschlammt und die Drainageplatten an den Kellerwänden werden ab sofort nicht mehr entwässert, aber man sieht es nicht gleich.
Das sind alles Folgen der Flut und damit nicht genug: Das Wasser war kontaminiert und belastet durch Schadstoffe aller Art, Fäkalien und allem Schmutz, den die moderne Welt zu bieten hat.
Andrea Lohmann, langjährige Baubiologin, Schimmelsachverständige und damit Expertin für Schadstoffe und allerlei Krankheitserreger, erläutert: „In Gebäude eindringendes Überschwemmungswasser ist in der Regel stark mit Treibstoffen aus Fahrzeugen und Heizöltanks und allen möglichen anderen Schadstoffen aus Industrieanlagen und Haushalten belastet. Mit den Fäkalien aus den Abwasserrohren und überfluteten Gülle- und Jauchegruben gelangen Keime aller Art in unsere normale Lebenswelt. Selbst wenn man sofort nach der Flut alles trocknen würde, die Gifte, die Viren, Bakterien, Hefen und die nach kurzer Zeit wachsenden Schimmelpilze bekommt man damit nicht in den Griff.
Sogar der bloße Umgang damit kann schon der Gesundheit schaden. Deshalb müssen oft besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden – Schutzkleidung und Atemschutz bei den Aufräumarbeiten sollten Pflicht sein. Luftfilterung und Flächendesinfektionsmaßnahmen sind eine Notwendigkeit bei allen Arbeiten in den zeitweiligen Feuchtgebieten.“
Nach den Erfahrungen des Baubiologen und ausgebildeten Desinfektors müssen alle saugfähigen Materialien unverzüglich restlos entsorgt werden, wenn sie nicht gewaschen, sterilisiert und getrocknet werden können.
Alle Stoffe, die länger als drei Tage feucht bleiben, können zudem von Schimmelpilzen befallen werden, die infolge der Trocknungsmaßnahmen beginnen, Sporen zu bilden, wodurch die Luft belastet wird.
„Da werden schnell Sekundärkontaminationen erzeugt in Haus- und Wohnungsbereichen, die gar nicht direkt von der Überflutung betroffen waren, wenn die Trocknung nicht fachgerecht eingerichtet wird,“ so Andrea Lohmann weiter, die Mitglied von BIOLYSA e.V. ist, einem bundesweiten Baubiologenverein.
Schimmelsporen und -partikel verbreiten sich bei unsachgemäßen Trocknungen auch innerhalb von allerlei Hohlräumen in Leichtbauwänden, Vorwandinstallationen, abgehängten Decken, Kabel- und Rohrschächten.
Lohmann: „Gefährdet sind natürlich auch Wände mit außen- oder innenseitig vorgesetzten Plattenwerkstoffen, die mit dem Untergrund nicht vollflächig verklebt sind. Die sichtbaren Seiten der Platten können völlig trocken und sauber erscheinen, auf der Rückseite allerdings wird es von bakteriellem und pilzlichem Leben nur so wimmeln.“ Die unbeabsichtigten Sporen Verwirbelungen bzw. die nicht erkannten Schäden können zu dauerhaften Gesundheitsproblemen in unsachgemäß sanierten Häusern, Wohnungen und Räumen führen.
Deswegen warnen Baubiologen auch vor Sanierungsarbeiten in Eigenregie, die meist mit nicht geeigneten Geräten und Verfahren durchgeführt werden.
Saniert wird in der Regel meist nur der sichtbare Schaden. Häufig resultieren daraus dauerhafte Schimmelprobleme bzw. es kommt bei den Bewohnern und Nutzern der Räume zu unklaren Krankheitsbeschwerden, deren Ursache nicht gefunden wird. Oft verbleibt zumindest eine starke Geruchsbelästigung.
Wenn man schnell genug fachkundige Hilfe durch Wasserschadenssanierungsfirmen holt, kann durchfeuchtetes Mauerwerk, Estrich und anderes Baumaterial recht gut getrocknet werden und die Folgen sind überschaubar. Die Arbeiten dieser Firmen sollten allerdings unabhängig überwacht werden, gerade in solchen Zeiten wie diesen, wenn viel Nachfrage nach deren Leistungen besteht.
Eine sogenannte Freimessung nach dem Ende der Sanierung sollte das Mindeste sein, was man verlangen sollte.
Lohmann dazu: „Oft ist es sinnvoll, von einem Baubiologen oder einem anderen dazu befähigten Experten nicht nur den Erfolg der Trocknungs- und Sanierungsarbeiten kontrollieren zu lassen, sondern man sollte solche Leute von Anfang an einbeziehen. Sie können durch ihre Erfahrungen und ihre Unabhängigkeit das Ausmaß des Schadens und alle notwendig werdenden Sanierungsarbeiten objektiv bestimmen und festlegen. Wenn sie frühzeitig hinzugezogen werden, können sie zudem auch versteckte Schäden finden und damit eine weitestgehend fachgerechte Sanierung sicherstellen.“
Das Wichtigste bei Wasserschäden jeder Art sei immer die umfassende Begutachtung der gesamten Schäden sowie die Festlegung der notwendigen Sanierungsmaßnahmen nach den Regeln der Technik unter Einbeziehung des Gesundheitsschutzes der beteiligten Arbeiter, der Betroffenen und unbeteiligter Dritter.
Eine gute Adresse für kostenlosen telefonischen Rat und bei Bedarf Begutachtungen durch fachkundige unabhängige Sachverständige sind die Beratungsstellen von BIOLYSA e.V.
Deren Baubiologen sind bundesweit tätig. Info-Telefon.: 0700 – 246 597 238, Verbindungskosten aus dem Festnetz: 14 Cent / Min.
Adressen findet man auch im Netz: www.biolysa.de